DAVID LEE ROTH

Sag niemals nie !


(Interview 1991 - Story 2003)

Um die wichtigste  Frage ein für allemal vorweg zu nehmen und aus dem Weg zu räumen.
Dave: Nein, es ist keine Reunion in der Form mit den Van Halens mehr geplant. Es gibt auch keine weiteren Tracks mehr, die wir miteinander eingespielt haben. Okay, ich habe mit ihnen vor längerer Zeit noch mal ein paar Songs im Studio eingespielt, - wirklich gute Stücke. Aber sogar bei dieser Arbeit haben wir uns kaum gesehen. Nun, - wir können uns halt noch immer und nach wie vor nicht besonders riechen. Es gab damals eine Scheidung wie zwischen einem Ehepaar, dass sich im Laufe der Jahre in die Haare geraten war. Scheidungen sind bekanntlich alles andere als angenehm. Und Du bist nur so groß wie die kleinen Dinge, die dich ärgern. Wenn ich mich zurück erinnere, so bin ich definitiv stolz auf das was wir damals miteinander gemacht haben, und ich bereue keine einzige Minute davon. Die Zukunft ist weiterhin offen, und ich sage niemals nie – wieder. Ich bin mir durchaus bewusst, dass dieses Thema eines der am heißesten diskutierten im Business war und noch immer ist; und dass die Gerüchteküche nach wie vor brodelt. Sollte es eines Tages doch noch wirklich so weit kommen, dann bin ich bestimmt der letzte, der überrascht wäre. Lasst uns nur hoffen, dass wir dann immer noch halbwegs appetitlich aussehen und den notwendigen Drive in uns haben. Wie schon erwähnt, ich bin der erste, der wieder mit von der Partie ist, sollte es jemals dazu kommen. Und Ihr werdet es als erstes erfahren. Aber derzeit ist nichts dergleichen im Gespräch - rein gar nichts!“


Van Halen 1984 - Monsters of Rock Nürnberg

Ich erinnere mich noch gut, als ich Diamond Dave und Eddy Van Halen anno 1984 beim Monsters of Rock Festival gegenüber saß, und sie mir gemeinsam von einer (noch) rosigen Zukunft vorschwärmten. „Jump“ stürmte gerade die internationalen Hitparaden, und der Ruhmeshimmel hing voller Geigen – oder sollte ich besser sagen – voller Gitarren, was die Karriere von Van Halen anging. Dass es zu jener Zeit schon heftig kriselte intern, ließen mich weder Dave noch Eddy damals spüren. Von diesem Rendevouz ausgehend, dauerte es noch exakt zwei Jahre, dann war die Liason zwischen den beiden Fronten beendet.
Dabei hatte alles so vielversprechend  begonnen in den frühen Siebzigern. 

Genauer definiert war es 1974 als die Van Halen Brüder zusammen mit David Lee Roth und Michael Anthony ihre Formation „Mammoth“ aus der Taufe hoben.Der etwas platte Name wurde alsbald gegen Van Halen vertauscht, da man rechtliche Probleme mit einer Gruppe gleichen Namens bekam.
Entdeckt von keinem Geringeren als Gene Simmons von Kiss, avancierten Van Halen alsbald zur Kultband, bei welcher Diamond Dave, wie gern genannt wurde und immer noch wird, stets den Mittelpunkt darstellte.


1985 veröffentlichte David Lee Roth sein erstes Soloalbum „Crazy From The Heat“ heraus. Diese Scheibe brachte das Fass an Frustration im Van Halen Camp gänzlich zum überlaufen. Roth verließ die Band, holte sich Bassist Billy Sheehan und Gitarrist Steve Vai an Bord und schmiss 1986 den Megaseller „Eat ‚Em And Smile“ auf den Markt. Dieses Album verkaufte sich über 2 Millionen mal und etablierte Dave als erfolgreichen Solokünstler. 1988 folgte „Skyscraper“, das nicht mehr ganz den Level des Vorgängers erzielte. Zu jenem Zeitpunkt saß ich Mr. Roth zum zweiten Mal gegenüber. Und der Mann strahlte eine Zuversicht aus, die nur noch auf Besseres hoffen lassen konnte. Sheehan und Vai hatten inzwischen die Band wieder verlassen, um anderweitige Projekte zu verfolgen. Aber Stehaufmännchen leben bekanntlich länger und Klein-David bastelte 1991 an „ A Little Ain’t Enough“. Und bei einem dritten Date meinerseits, mit dem schönen Mann, manifestierte der Meister abermals seine Meinung bezüglich einer Van Halen Wiedervereinigung. Seitdem ist er nur unwesentlich von diesen Statements vor 14 Jahren abgewichen. Man sollte zur Vervollständigung noch das DLR Album „Your Filthy Little Mouth“ von 1994 erwähnen, eine Best of.... CD die drei Jahre später folgte und die Single „Look At The People Here Tonight“ aus dem Jahr 2000. Anschließend nahmen die Touraktivitäten wieder dramatisch zu in den Staaten. Das Resultat war eine Live-DVD.

 Und last but not least..... natürlich sein neuestes Werk, das sich schlicht und ergreifend einfach nur „Diamond Dave“ nennt und im vergangenen Jahr das Licht der Welt erblickte.

Inzwischen ist es relativ ruhig geworden um den einstigen glänzenden Rockstar. Dave setzt sich vermehrt für soziale Projekte ein, und die Musik ist etwas in den Hintergrund getreten. Vom einstigen Glammer ist nicht mehr so viel übrig geblieben, zumindest was den visuellen Aspekt angeht. Aber seine Einstellung hat sich noch immer nicht geändert, und sollte er wieder eine Konzertbühne besteigen, dann wird es wieder eine Mischung aus Rockkonzert, Las Vegas Show und einer riesigen Party sein. Als ich ihn damit konfrontierte, meinte
Dave: „Well, so sollte Rock’n’Roll auch sein. Sieh dir einfach mal die Fans an bei meinen Konzerten. Sie sind überdreht, aufgeputscht, schweben drei Fuß über dem Boden wie nach einem Car Crash mit viel Blechschaden. Und genauso sollst du dich fühlen wenn du ein Rockkonzert besuchst. – Ob das jetzt meines oder irgendein anderes ist“.
Ich frage mich natürlich, wer ist David Lee Roth heute? Hat er sich wirklich so verändert im Laufe der Jahre – psychisch wie auch physisch?
Dave: „nein, er ist nach wie vor dreidimensional genau wie du. Er weint, er ist ernsthaft glücklich, er flucht und er jammert. Die meisten Musiker, seien wir mal ehrlich, gaukeln ein Zeichentrick-Image vor. Manche geben vor, die unglücklichen Jungs zu sein, die sich vor lauter Depressivität am liebsten gleich auf der Bühne die Kugel geben würden. Die anderen interpretieren ihr Image als Party-Animals, zupfen snobistisch arrogant auf ihrer Gitarre herum und markieren ihre Überheblichkeit. Sie sind niemals glücklich und niemals traurig, aber sozialbewusst. Ich denke mal, ich bin eine gesunde Mischung aus allem oder auch gar nichts. So wie ich bin, das ist David Lee Roth. Und das ist genau richtig. Das ist David Lee Roth“.
Mit seinen 50 Jahren ist der Strahlemann in einer extrem guten Verfassung aber erscheint nicht mehr als ganz so schillernden Silhouette wie einst.

Dave: „ ich klettere seit ich bei den Pfadfindern war, und ich trainiere seit 36 Jahren Kung Fu. Eigentlich bin ich in jeder Sportart fit, aber in keiner wirklich gut. Ich liebe die eHerau Herausforderung – hey lass uns Wettkämpfer sein, nicht nur Teilnehmer am Leben. Entweder bist du her das Opfer oder du bist das Raubtier. Ehrlich gestanden, bin ich lieber das letztere. Meine momentane Kondition betreffend kann ich nur bestätigen, dass mich meine dünnen Chickenlegs noch immer verlässlich durch die Welt tragen. Und dabei habe ich auch gerade noch die Kraft und Bewegungsfreiheit zusätzlich eine Gitarre in der Hand zu halten. Ich denke allerdings nie über so was nach. Es geschieht spontan, so wie das meiste im Leben.“
Gab es bis zum heutigen Tag so etwas wie einen absoluten Höhepunkt im turbulenten Leben eines David Lee Roth?
Dave: „Klar, gab’s den! Mein Höhepunkt war der Moment, als ich feststellen musste, dass ich mich zu einem proffessionellem Waiter (Warter in dem Fall) entwickelt hatte. – I wait for the Bus, I wait for the airoplane, ... ich warte um auf die Bühne gehen zu können, und ich warte auf das, was als nächstes passiert. Die meisten Musiker im Business bemerken diesen Zustand gar nicht. Aber wenn du zu dieser Einsicht gekommen bist, dann hast du den absoluten Zen erreicht.“
Da man in letzter Zeit nicht allzu viel von Mr.Roth gehört hat, fragt man sich natürlich, wie es um die gegenwärtige Popularität in Amerika steht. Und die ist, man höre und staune, nach wie vor ungebrochen hoch. Wenigstens kann Dave noch selbstständig zum Kiosk um die Ecke gehen und sich seine Tageszeitung selbst besorgen.

Dave: „Sicher kann ich das. Ich bin doch nicht Michael Jackson, der im Verkehrsstau aus dem Rücksitz seiner Limousine kriecht, bekleidet in Spandexhosen, mit eingewachstem Haar und Mundschutz und dann schreit: ‚Hey Mann, ich habe keine Privatsphäre mehr!’. Ich setze meine Baseballcap auf, ziehe meine Lieblingsjeans an und marschiere los. Da ist ein Weg to talk, und da ist ein Weg to walk. Es gibt immer eine Lösung, das Aufsehen zu umgehen, nämlich es zu erforschen. Und das steckt auch in meiner Musik.“
Selbstverständlich ist auch Daves Meinung zur gegenwärtigen Situation am Musikmarkt gefragt.
Dave: „Die momentane Musik ist wie ein malayisches Kid, das mit einem buddhistischen Mönch auf dem Rücken eines Kamels reitet. (???) – Das außerdem eine spanische Tracht trägt, um dann in eine katholische Kirche zu gehen, in der eine Orgie gefeiert wird, zu den Klängen von Beethovens 5ter Symphonie. Das Ganze vermischt mit Hip Hop – wenn du verstehst was ich meine. (Anm. na ja – so in etwa aber nicht ganz) Es gibt keine straighten Linien mehr. Es vermischt sich alles zusehends zu einem Multi-Kulti-Brei, was aber nicht unbedingt ein Nachteil sein muss. Daraus können sich durchaus wieder neue Richtlinien entwickeln. Ich habe sehr viel von Elvis und Jimi Hendrix gelernt. Und ich versuche einfach diese Erfahrung weiter zu geben.“
Und was wird David als nächstes unternehmen?
Dave: „jeder fragt mich das: Fans, Plattenfirmen, die Medien und Business People. Mein Kopf steckt nach wie vor voller Ideen, die sich konstant weiter entwickeln in meinem Oberstübchen. Ich nenne es selbst: ‚Davids nie enden wollende Grillparty’. Irgendwann ist der Braten schon gar, und dann lade ich euch alle ein mit zu schnabulieren.
David Lee Roth, - der Egozentriker, das Sexsymbol, der Fitness-Freak, das Stehaufmännchen und der Chaot. Er kann mit jeder Bezeichnung leben, nur nicht mit der eines Perfektionisten. Den mag er gar nicht.

Dave:
„Sag mir was Perfektion ist. Ich bezweifle, dass es im Rock’n’Roll so etwas wie Perfektionismus überhaupt gibt. Ich meine, - hey, - wie sehen deine Lieblingsjeans aus? – Meine haben ein großes Loch am Hintern und zwei Löcher an den Knien. – Ist das perfekt? – Nein, aber es ist absolut goldrichtig –
 Right!!!!!!“

David Lee Roth 2005

 klickt auf's Foto oben drüber oder auf den Lautsprecher und hört das Interview von damals
(ca. 12 Min. Länge -  via WMP )

Story copyright by ebl / musicmirror  1991